ISLAND 1990

Meine wohl außergewöhnlichste Reise führte mich 1990 nach Island. Da die Restaurierung meines für die Reise vorgesehenen Saab 96 nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte, mußte ich die Fahrt mit einem spontan von einem Freund übernommenen Saab 96 GLsuper angetreten werden. Da dieser als Entwicklungsingenieur bei einem renomierten süddeutschen Automobilhersteller arbeitete, war er mit Pfusch gut vertraut und hatte diesem dem kleinen Saab ausgiebig beigebracht. Ich dagegen, dem guten Ruf des Arbeitgebers des Freundes vertrauend, hatte ohne Prüfung den Saab erworben, ein folgenschwerer Fehler, durch den diese Reise zum Test meiner Fähigkeit in Sachen Improvisation wurde. Neben unzähligen Autoreparaturen am Straßenrand, war die Fährüberfahrt ohne Fahrkarte eine besondere Herausforderung für mich, das einzige Abenteuer, das weder dem Freund noch dem kleinen Saab anzulasten war.

Doch es begann schon kurz nach der Abreise. Ich hatte den 96er nur zwei Tage vor der Abreise übernommen und natürlich keine Probefahrt gemacht. Neben dem bürokratischen Aufwand der Ummeldung, mußte das Gepäck verstaut werden. Wie immer fanden zwei Blechkoffer, einer mit Werkzeug und der Andere mit wichtigen Ersatzteilen unter dem Rücksitz ihren Platz. Da ich in Island mit schlechten Wegstrecken rechnete, kam der NVA-Klappspaten und eine stolze Neuerwerbung, ein durch die Auspufgase aufblasbarer Luftsack als Wagenheber in den Kofferraum. Weiterhin eine Fußluftpumpe und ein Hydraulischer Wagenheber, damit dachte ich in Island auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Meine Reiseroute war vergleichbar mit meinen Schwedenreisen, also über die A7 bis zum Grenzübergang Ellund und weiter durch Dänemark nach Grenå Haven, das sind ca. 1300 km und dies ist in einem Tag zu schaffen. Für die Überfahrt nach Varberg wählte ich die 23:55 Uhr Abfahrt, da man bei dieser erst um 7:30 Uhr das Schiff verlassen musste, das bereits um 5:30 Uhr im Hafen ankam. Neben dem Auschlafen mit gemütlichem Frühstück an Bord war der Vorteil dieser Tour, dass in Schweden keine Zollkontrolle stattfand und ich so sicher sein konnte, dass mir die unangenehme Stichprobenkontrolle mit Teilzerlegung des Autos und Überprüfung des Enddarms, mit Sicherheit erspart blieb.

Von Varberg war die Weiterfahrt via der E4 bis Udevalla und von dort über Halden, Oslo nördlich umgehend, nach Hønefoss. Damit wollte ich mir die damals neue Citymaut in Oslo sparen. Allerdings handelte ich mir dafür über 200 km kurvenreiche norwegische Landstraße ein, die meinen damaligen Fahrstil entsprechend zügig angegangen wurden. Zügig bedeutete damals für mich, den Einheimischen zeigen, was an Tempo auf ihren Straßen möglich ist. Tempolimits waren nur zu beachten wenn mit Radarkontrollen zu rechnen war. Trotzdem gelang es mir nur mit Mühe eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 60 km/h zu erzielen.

In Hønefoss traf ich dann wieder auf die Hauptstraße in Richtung Bergen, die zwar großzügiger trassiert war, dafür aber von staunenden Touristen mit ihren Wohnwagengespannen und vielen Lastwagen belegt war, was ebenso das züggige Vorankommen behinderte. Da man das Jahr 1990 schrieb, traf ich unterwegs auch einige vollbepackte Trabbis, die von ihren Besitzern die Welt gezeigt bekamen. Beim passieren der Hardanger Vidda lag noch meterhoch der Schnee, die alte schmale Passstraße hinunter zum Hardangerfjord war bereits durch einen kurvenreichen, kilometerlangen Tunnel ersetzt worden. Nach der Fahrt mit der Fähre über den Fjord ging es weiter via Voss nach Bergen. Kurz vor Bergen war allerdings meine Müdigkeit so groß geworden, dass ich ein paar Stunden Schlaf einlegen mußte.

Am Vormittag erreichte ich Bergen, hier blieb mir die Citymaut nicht erspart und weil ich die richtige Abfahrt von der Autobahn verpasste, durfte ich auch noch ein zweites Mal die Gebühr entrichten. Der weitere Weg zum Fährhafen war dann problemlos. Ich stellte mein Auto in die Warteschlange und ging zum Fahrkartenschalter, dort schilderte ich mein Problem und erwartete nun wie vom deutschen Agenten versprochen, die hinterlegte Fahrkarte zu erhalten. Doch stattdessen schickte man mich nach Brüggen, in das norwegische Büro der Smyril-Line, dort könnte ich hinterlegte Fahrkarten abholen. Als ich im Büro nachfragte, erklärte man mir freundlich, nein wir haben keine hinterlegten Fahrkarten, die bekommt die Zentrale in Torshaven und die bringt der Zahlmeister der Norröna dann mit. Kommen sie doch nach Ankunft der Fähre noch einmal hierher, dann ist der Zahlmeister hier und wir klären das.

Um kurz nach 12 Uhr war ich wieder im Büro, auch der Zahlmeister, ein großer blonder Mann saß nun bequem im Sessel am Tisch. Er lächtelte mich wohlwollend an, als ich ihm mein Problem vortrug und schüttelte gleichzeitig seinen Kopf, nein, ein hinterlegtes Ticket hat man ihm in Torshaven nicht mitgegeben, trotzden öffnete er die große Geldkassette auf dem Tisch und durchblätterte die darin enthaltenen Papiere. Aber, das wäre kein Problem, ich solle mich mit meinem Auto in die Schlange stellen, wenn ein Ticket hinterlegt ist wird er sicher noch aus Torshaven informiert, ich soll doch im Fährhafen in einer Stunde nochmals nachfragen. Doch auch diese Nachfrage ergab keine Antwort, denn der Zahlmeister war noch nicht aus der Stadt zurückgekehrt. Ein Geländewagen nach dem anderen verschwand im Bauch der Norröna und der Aufstellplatz leerte sich zusehens, die Abfahrt der Fähre war nun in weniger als einer halben Stunde, endlich erschien der Zahlmeister, ich atmete auf. Lächelnd kam er auf mich zu und eröffnete mir, nein auch in Torshaven ist kein Ticket für sie hinterlegt. Island adjö, dass war es dann wohl mit meinem Urlaub auf der Saga-Insel! Doch im Augenblick meiner größten Verzweiflung drückte der Herr mir einen Verladezettel für mein Auto in die Hand, fahren sie erstmal an Bord, das wird sich in den zwei Tagen bis Torshaven schon klären, dann verschwand er hinter einer Tür in der Halle. Ich rannte durch die Halle, sprang ganze Treppenabsätze in einem Satz herunter und war bei meinem kleinen grünen Saab, als gerade der letzte Unimog im Schiff verschwand, nun stand nur noch mein Auto auf dem Platz. Verärgert registrierte der Lademeister meine späte Ankunft und ließ mich dann auf das Autodeck fahren. Eine nicht ganz problemfreie Anreise war vorerst glücklich zu Ende gegangen.

Eigentlich, eine problemlose Fahrt, könnte man meinen, doch um bis Bergen zu kommen hatte ich die Motorhaube zigmal öffnen müssen. Schon kurz hinter Ludwigsburg kündigte sich die erste Reparatur an, die Temperaturanzeige stieg unaufhaltsam, selbst das Einschalten der Heizung half nur kurzfristig. Mit Mühe schaffte ich es noch bis zur Raststätte Weinsberg, nach 50 km die erste Panne, noch ahnte ich nicht, dass noch viele folgen sollten.

Glücklicher Weise war das Problem schnell lokalisiert, denn am Kühlerdeckel zischte das Kühlwasser. Der Vorbesitzer hatte um den alten Deckel dicht zu kriegen, diesem eine zweite Gummidichtung spendiert, doch dies half nichts. Also entfernte ich die zweite, rissige Gummidichtung und bog die Bördelung etwas zusammen und siehe da, die Kühlwassertemperatur blieb im grünen Bereich. Glücklich über die schnelle Reparatur setzte ich die Fahrt fort.

Doch schon in den "Kasseler Bergen" begann das Spiel von Neuem, schlagartig stieg der Zeiger der Temperaturanzeige bis zum Anschlag, genau wie mein Puls und das alles mitten in einer kilometerlangen Baustelle, Anhalten war nicht möglich und als endlich ein Parkplatz in Sicht war, war wieder alles im normalen Bereich.

Dieses Szenario wiederholte sich in unregelmäßigen Abständen. Immer wieder öffnete ich die Motorhaube um nach dem Fehler zu suchen, doch ich fand nichts. So war ich bis Dänemark gekommen und ich schaute zum wiederholten Mal in den Motorraum, während der Motor noch lief, da viel mir auf, dass das Massekabel sich durch denunrunden Leerlauf des V4-Motor leicht bewegte. Ein Griff an das Massekabel zeigte, es war nicht fest mit dem Motorblock verbunden und wie sich bei näherer Betrachtung herausstellte, war die Befestigungsschraube zu lang. Zum Glück enthielt meine Werkzeugkiste eine kleine Eisensäge und so war das Problem schnell behoben. Nun konnte es vorerst entspannt weitergehen.

Norröna in Torshaven/Faröer
Norröna in Torshaven/Faröer

Das Fährticket war auf dem Postweg nie bei mir angekommen und die vom Agenten in Deutschland versprochene Hinterlegung hatte auch nicht stattgefunden. Jetzt reiste ich, auf Vertrauensbasis des Zahlmeisters der Norröna. Wie mir aufgetragen, fragte ich am nächsten Morgen am Infoschalter des Schiffes, nein bis jetzt haben wir keine Nachricht, ich kläre das in der Zentrale in Torshaven, versprach der Zahlmeister, kommen sie nach der Abfahrt von Torshaven nochmal hier her. Doch auch nach dem Aufenthalt auf den Farörer Inseln hatte der Zahlmeister kein Ticket für mich. Nun sollte ich bis nach Island fahren und dort beim isländischen Agenten meinen Agenten ein Fax schicken, damit er den Kollegen in Island das Ticket anweist. Noch wußte ich nicht, das ohne Rückfahrkarte eine Einreise eigentlich nicht möglich war, ich konnte aber erst beim Agenten ein Rück-Ticket bekommen, um zum Agenten zu kommen, musste ich aber einreisen. . .

Zu allem Verdruß hatte Sonja, die bildhübsche Isländerin, die ich auf der Überfahrt von Norwegen kennengelernt hatte, wohl dem Linienbus in Richtung Heimat den Vorzug gegeben und nicht auf die Freigabe meines Saab durch die Behörde gewartet. Glücklicherweise hatte ich Karl-Heinz aus Kiel kennengelernt, der mir Geld geliehen hatte, sowie bereit war mich durch Seyðisfjörður zu fahren um nach Deutschland zu faxen, Geld zu holen usw.. Warum war das nötig? Nachdem ich mir bei der Grenzpolizei auf Island den Weg zum Büro des isländischen Agenten erstritten hatte, erlebte ich dort die nächste Enttäuschung. Der Herr war nicht bereit ein Fax nach Deutschland zu schicken, ich könnte dies beim Telegrafenamt im Ort selbst machen, war seine Meinung. Glücklicherweise traf ich Karl-Heinz, der für seinen Diesel gerade die isländische Dieselsteuer bezahlen musste, er erklärte sich spontan bereit, mich zum Post- und Telegrafenamt zu fahren, denn mein Auto hatte die Polizei als Pfand einbehalten. Aber vorher mussten wir zur Bank fahren um isländische Kronen zu tauschen. Da alle meine Barmittel im Auto waren, lieh mir Karl-Heinz etwas Geld und fuhr mich zum Post- und Telegrafenamt, doch die schlossen gerade ab - Mittagspause. Erst um 13:30 Uhr sollte wieder geöffnet werden, dann war es in Deutschland bereits 15:30 Uhr und die Bürozeit in Hamburg beim Agenten endete um 16 Uhr.

Endlich wurde mir eine Telefonzelle zugewiesen, ich wählte die Hamburger Nummer und eine freundliche Stimme meldete sich, wie sie sind in Island ohne Fahrkarte, ich wurde weitervermittelt, bitte schicken sie ein Fax an den Agenten in Island, bat ich den Herrn am anderen Ende der Leitung, vorher musste er aber noch meine Daten prüfen, dann versprach er mir, wir bleiben so lange bis das Fax geschickt ist. Als wir zum Agentenbüro zurückkamen war alles leer, die Fähre war längst wieder abgefahren. Nein, ein Fax ist nicht angekommen, da klingelte das Telefon, es war Hamburg, das Fax funktionierte ncht, doch der Isländer bestand auf das Fax. Nach einer runden halben Stunde bangen wartens, wurde ich an den Schalter gerufen, endlich hatte ich das wichtige Dokument in meinen Händen. 

Die Norröna am Anleger von Seyðisfjörður
Die Norröna am Anleger von Seyðisfjörður

Die Reise hatte also abenteuerlich begonnen, doch es sollten noch vielfältige Abenteuer folgen. Mein Plan war es, die Insel entgegegen dem Uhrzeiger zu umrunden, den ich am Nachmittag auch in Angriff nahm. Zuerst ging es über den Pass von Seyðisfjörður nach Egilsstaðir, dem Verkehrsknotenpunkt an der Ringstraße. Dort besuchte ich als erstes den Busbahnhof, ich hatte noch Hoffnung dort auf Sonja zu treffen, die dort hatte umsteigen müssen. Doch nach meiner stundenlangen Verspätung war diese Hoffnung so realistisch wie die Hoffnung auf einen Hauptgewinn beim Lotto. Den Namen ihrer Heimatgemeinde hatte sie mir genannt, aber ich fand den Ort nicht auf der Karte. So blieb mir nichts anderes übrig, als meinen Frust in ausgiebigem Shopping abzubauen. In einem kleinen Laden kaufte ich einen Pullover, handgestrickt von den Landfrauen aus der Umgebung, sündhaft teuer, aber von außerordentlicher Qualität, obwohl eher luftig gestrickt, wärmte mich das Teil viele Jahre, auch bei tiefsten Temparaturen.

Auch wenn Island, bis auf einen kleinen Zipfel im Nordosten, unterhalb des Polarkreises liegt, wird es im Juni dort fast nicht Nacht. Also machte ich mich am Abend bei Sonnenschein auf den Weg. Der Asphalt der Ringstraße endete gleich am Ortsausgang von Egilsstaðir, das traumhafte Band der Schotterpiste lag vor mir.

Die Mitternachtssonne kündigt sich an
Die Mitternachtssonne kündigt sich an

Schon bei meiner Vorplanung hatte ich mir vorgenommen die Ringstraße nur dort zu benutzen wo es keine Alternative gab. Auch Hochlandpisten oder Jeeptracks wollte ich versuchen. Allerdings hatte ich bereits auf der Überfahrt den Aushang der isländischen Straßenbaubehörde auf der Norröna gelesen, dass alle Hochlandpisten gesperrt waren, was auch zu großen Unmuts- und Enttäuschungsäußerungen der Geländewagen- und Unimogtouristen führte. Für mich war das nicht wirklich relevant gewesen, zwar hätte ich gerne mit meinem Saab das Hochland durchquert, aber es war mir bewußt, dass dies kaum möglich sein konnte, besonders im Juni, wenn die Flüsse ihren höchsten Wasserstand haben und eine Sperrung war für mich ein gutes Signal, es vielleicht nicht doch zu versuchen.

An meinem ersten Tag in Island, oder auf Island? fuhr ich also auf der Ringstraße 1 in Richtung Norden und erst nach Erreichen des Polarkreisregion beendete ich diesen Reisetag in der Sandvikureiði, am Rand der Straße 85. Die Straße 85 führt durch den extrem dünn besiedelten Nordosten Islands und war damals teilweise in einem Zustand, der selbst als Wirtschaftsweg in Deutschland kaum vorstellbar war, hier aber, durch die zweistellige Nummer erkennbar, als überregionale Hauptstraße (vergleichbar Bundesstraße) eingeordnet war.

Der zweite Tag in Island führte mich weiter über die 85 nach Þórshöfn, einer Gemeinde mit ca. 400 Einwohnern, in dieser Gegend schon fast eine Großstadt. Þórshöfn selbst liegt ein paar Kilometer abseits der 85 und war über die 869, einer Nebenstraße an die 85 angebunden. Bis zum kleinen Ort war die Straße in hervorragendem Zustand, doch hinter Þórshöfn änderte sich das sehr schnell, auch wenn die Straße insgesamt das Niveau der 85 hielt. Hinter dem Hof Saudanes allerdings, verlor die Straße, die auf die entsiedelte Halbinsel Langanes führt, den Charakter eines befetigten Weges. Teilweise bestand die 869 nur aus zwei tiefen Spurrillen in einem sandigen Boden, zum Glück hat der 96 einen glatten Boden, so dass er über den Boden rutschen konnte.

Mein Ziel war der Gipfel des 266 m hohen Heiðarfjall, der weiter am Fjord entlang zum Leuchtturm Fontur gehende angebliche Weg, war ab dem Abzweig zum Gipfel des Heiðarfjall kaum noch zu erkennen. Die "Straße" zum Heiðarfjall, dagegen war deutlich zu sehen und noch deutlicher zu spüren, sie bestand aus groben Geröll. Der kleine Saab, klapperte und ächtzte in jeder Karosseriefuge und ich rechnete jeden Augenblick damit, dass die Türen herausfallen, sie taten es nicht und ich schaffte es auf den Gipfel.

Warum hier in dieser Einöde ein Fahrweg auf den Berg gebaut worden war, zeigte sich auf dem Gipfel. Hier zeugten die rostigen Reste einer amerikanischen Radarstation davon, dass der Berg einst ein wichtige strategische Bedeutung hatte. Die Rückfahrt war nicht angenehmer, denn nun zog vom Meer Seenebel herauf und bald war die Sicht bei unter 5m. Nun erwiesen sich die tiefen Spurrillen als Vorteil, denn obwohl die Sicht gleich null war, fuhr ich geführt durch die Spurrillen bequem nach Saudanes. Doch kurz nach dem Hof tat es einen Lauten Schlag und der Wagen röhrte fürchterlich, der Auspuff lag in seiner gesammten Länge auf der Straße.

Die Situation war nicht ganz ungefährlich, auch wenn dieses Straße wenig befahren war, der Nebel bot gerade mal knapp 5 m  Sicht. Doch ich hatte keine andere Wahl, ich musste am Straßenrand den Auspuff wieder anbauen, der als Gesamtkunstwerk auf der Fahrbahn lag. Was eigentlich keine große Sache ist, doch leider zeigte sich, es war ein billiger Nachbau und nicht für das Baujahr 1980 passend. Abgerissen war die Anlage, weil sie falsch montiert wurde und statt mit einer Auspuffschelle angeschraubt mit dünnen Blechstreifen angeschweißt worden war. Nun durfte ich mich also im feuchten Straßendreck sulen und unter dem Auto die Schweißpunkte vom vorderen Schalldämpfer abfeilen, damit das Rohr drüber geschoben werden konnte. Silentblöcke und Auspuffschellen gehörten zum Glück zum Inhalt meines Ersatzteilkoffers. Nach knapp 2 Stunden, war ich für die Weiterfahrt bereit allerdings war ich von Kopf bis Fuß mit einer dicken Schlammschicht vom Ölkies der Straße, dazu Öl und Ruß vom Auspuff, bedeckt. So konnte ich kaum unter die Leute. Also mußte ich mir erst eine Waschmöglichkeit suchen. Ich fand einen kleinen Bach, mit glasklarem Gebirgswasser, eiskalt. Für die abhärtende Grundreinigung geeignet, aber die öligen und rußigen Verunreinigungen gingen nur mit dem am Gaskocher erwärmten Wasser ab, eine mühselige Prozedur. Erst am späten Abend konnte ich meine Rundreise fortsetzen.

Die nächste Nacht verbrachte ich in Sichtweite des nördlichsten Leuchtturms Hraunhöfn, auf der Hraunhafnartangi. Am Morgen fuhr ich in den kleinen Ort Raufarhöfn. Ich brauchte etwas Lebensmittel und ich suchte einen Briefkasten. Ich wollte den Lieben daheim doch mitteilen, dass ich gut angekommen war. Doch bisher hatte  ich nirgens ein Exemplar gefunden. Im kleinen Laden fragte ich also mit einer Ansichtskarte in der Hand nach dem Briefkasten, man bot mir erst Briefmarken an, dann endlich hatten sie mich verstanden, die Post muss in der Postagentur abgegeben werden.

Ich betrat das alte kleine Haus an dem das Schild auf die Poststation hinwies, hinter einem vergitterten Schalter saß ein uralter Mann. Behäbig stand er von seinem Stuhl auf und schlurfte in seinen Filzpantoffeln zum Tresen. Ich hielt ihm meine frankierten Ansichtskarten hin, er nahm sie und schaute prüfend auf die Anschrift, dann drehte er sie zum lesen des Textes. Ein kurzes Nicken singnalisierte mir, es ist in Ordnung. Ich fragte mich, ob hier Postkarten grundsätzlich   gelesen werden?

Die Straße 85 erreicht kurz vor der Brücke über die Jökulsá á Fjöllum den Abzweig der Straße 864, diese Straße ähnelt in weiten Teilen einer Hochlandpiste, darf aber von normalen zweiradgetriebenen Fahrzeugen befahren werden, im Hochland ist Allrad Vorschrift. Die Piste, die 864 eine Straße zu nennen wäre übertrieben, folgt der Jökulsá á Fjöllum Flußaufwärts am linken Ufer des Canyon. Zum berühmten Dettifoss gibt es eine kurze Jeep-Spur, die der 96er gut bewältigte. Der 44 m hohe Dettifoss, Europas größter Wasserfall mit einer Wasserführung von im Jahresdurchschnitt 193 m³/s, die aber bei Schneeschmelze starkt ansteigt, war überwältigend. Zu Fuß ging es dann noch zum nur 10 m hohen Selfoss. Obwohl die beiden Wasserfälle zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Islands zählen, war außer mir nur ein Geländewagen vor Ort. Ein Womo parkte am Rande der 864, die Besitzer trauten sich nicht über Jeepspur zu fahren. Wirklichen Mut erforderte die Weiterfahrt in Richtung Myvatn, denn dabei muss der Hólssandur durchquert werden, eine kleine Sandwüste. Es war ein mulmiges Gefühl als ich in die bis zum Horizont reichende Sandfläche einfuhr. Mit Vollgas und leicht durchdrehenden Rädern durchquerte ich diesen Abschnitt der 864 und ich war froh, dass ich nach 3 Kilometern wieder normale Rüttelpste unter den Rädern hatte. Nicht soviel Glück hatte ein BMW-Gespann, dass voll im Sand stecken geblieben war, ob die beiden Piloten ihren Eisenhaufen wieder allein flott bekommen haben?

Der Hólssandur
Der Hólssandur

Bei Grimstaðir erreichte ich wieder die Ringstraße 1. Der ich nun bis zum Myvatn, ein Vogelparadies, folgte. Nur wenige von uns ahnen wie wichtig dieser See für die deutsche Trinkkultur ist. Denn am Rande des Sees steht ein große Fabrik in der Kiselgur verarbeitet wird, dies wird zur Filtrierung des Bieres gebraucht, dass nur dadurch lagerfähig wird. 

Vom Myvatn-Gebiet ging meine Route wieder nordwärts über die 87 nach Húsavík, der zweiten Stadt die ich auf Island besuchte und mit 2600 Einwohnern ein bedeutendes Zentrum des Nordostens, mit Läden, Restaurants, Hotels und einem Krankenhaus.


 























Das Kap Bjargtangar auf dem Látrabjarg, der westlichste Punkt Islands, damit der westlichste Punkt Europas und meiner Reise.
Das Kap Bjargtangar auf dem Látrabjarg, der westlichste Punkt Islands, damit der westlichste Punkt Europas und meiner Reise.

Nach drei Reifenpannen endete die Rückfahrt 130 km vom Fährhafen entfernt, nachts auf einer einsamen Paßstraße (entsprach einem ungepflegten Forstweg in Deutschland), nachdem nun auch das Benzin verbraucht war. Mit viel Glück schaffte ich es ohne Geld Benzin zu organisieren, sowie den Reifen reparieren zu lassen und war 15 Minuten vor Verladeschluß der einmal wöchentlich verkehrende Fähre gerade noch rechtzeitig im Hafen.

Doch es war nur ein kurzes Verschnaufen. Denn um zurück nach Bergen zu kommen, musste ich auf den Faröer Inseln einen viertägigen Zwischenstop einlegen. Der Leser dieser Zeilen kann es sicher schon ahnen, der Saab nutzte diese Chance, mit Pannen von seinen Besitzer Zuwendung zu erpressen.

Die folgenden Bilder sind leider noch ungeordnet und nur von mäßiger Qualität. Durch einen Defekt an meiner damaligen Kamera, waren alle Bilder total unterbelichtet und erst durch den intensiven Einsatz von Photoshop konnten sie überhaupt sichtbar gemacht werden.

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